04.05.2018
Es war einmal ein Jägersmann der inmitten des dichten Waldes in einer Hütte lebte. Fleißig ging er jedem Tag seinem Handwerk nach und stellte so Leder und Fleisch bester Qualität her. Es dauerte nicht lang, eh er im gesamten Land für seine Waren bekannt war und selbst der König seinen Namen wusste. Auch fanden einige Frauenzimmer den Weg in seine Hütte, um um seine Gunst zu feilschen, doch keine von ihnen wollte der Jägersmann zu seinem Weibe nehmen.
Eines Abends fand sich eine Reisende in seiner Hütte ein, die seinen Namen nicht kannte und auch seinen Ruf nicht. Sie war eine Umherziehende, die sich im dichten Wald verlaufen hatte und nun Obdach suchte. Der Jägersmann gewährte sie ihr und als sie am nächsten Tag gehen wollte, bat er sie zu bleiben. Viele Tage hintereinander geschah dies, bis er diese Frau zu seiner Frau machte. Während er seinem Handwerk nachging, sorgte sie sich um den Haushalt. Es fehlte ihr an nichts und der Jäger behandelte sie stets gut. Bald schon schenkte sie ihm einen Sohn und ein Jahr darauf eine Tochter. Er ward so der glücklichste Mann des gesamten Landes.
Die Jahre zogen ins Land und die Wildbestände des Waldes wurden immer knapper. Er legte Fallen aus, um zu fangen was auch immer dem Wald seine Wildbestände stahl. Immer seltener brachte der Jägersmann jedoch Beute mit Nachhause und so geschah es, dass die Familie alsbald hungern musste. Der Ruf des Jägers schwand immer mehr und als er den König um ein Darlehen bat, um an seiner Hütte das Dach reparieren zu können bevor der Winter hereinbracht, kehrte dieser ihm nur den Rücken zu und ließ ihn aus seinem Thronsaal entfernen. Sein Name geriet in Vergessenheit ebenso schnell wie er in aller Munde geraten war.
Der folgende Winter war kalt und lang. Er setzte der Familie hart zu und nahm ihr schlussendlich den Sohn, der auf der Suche nach Beeren im Wald erfroren war. Der Jäger und seine Frau trauerten schwer. Die Schuld am Tode des Sohnes gab seine Frau dem Jäger und so zerstritten sie sich. Als der Frühling in das Land zog, zog auch die Frau davon mitsamt ihrer Tochter, sodass der Jäger allein in seiner Hütte zurück bleib. Sein Handwerk aufgeben wollte er trotz allem jedoch nicht.
Eines Morgens, als er mit der Büchse durch den Wald streifte, auf der Suche nach Wild, roch er schwefligen Duft und hörte Flüche der übelsten Art. Langsam und vorsichtig näherte er sich der Quelle und entdeckte den Gehörnten, verfangen in eine seiner Bärenfallen. Voller Mut näherte er sich dem großen Übel, denn er hatte ohnehin nichts mehr zu verlieren, dachte er bei sich.
„Das größte Übel dieser Welt, gefangen in einer weltlichen Falle, die eigentlich für Bären gedacht ist.“ Begann der Jäger zu sprechen und sah dem Teufel in das schmerzverzerrte Angesicht. Ein Fauchen war die Antwort und er wand sich, versuchte sich aus der Falle zu befreien, doch es gelang ihm nicht.
„Befreie mich aus dieser Qual!“ Zischte der Leibhaftige dem Jäger entgegen und seine gelb glühenden Augen fixierten den Mann, der mit der Büchse auf der Schulter vor ihm stand und sich das Lachen nun schwerlich verkneifen konnte. Ein spottender Blick traf den, vor dem die anderen Menschen all die größte Angst hatten.
„Was soll ich davon haben, Teufel?“
„Ich gewähre dir einen Wunsch! Alles, was du haben willst soll dein sein, nur wenn du mich aus dieser Schmach befreist und niemand darüber berichtest.“
Das Angebot ließ den Jäger nachdenklich zurück. Er wog ab, welcher Wunsch schwerer in seiner Brust war: Der Wunsch nach seiner Frau und Tochter oder der Wunsch nach seiner Arbeit. Wenn allerdings das Wild wieder in den Wald zurückkehrte und er seinem Handwerk wie zuvor nachgehen konnte, würde seine Frau von allein den Weg zurück zu ihm suchen, so dachte er sich und fasste damit einen Entschluss.
„Früher, da war dieser Wald voll von Wild. Jeden Tag brachte ich einen Hirsch nach Hause, schöner noch als der des Vortages. Doch nun ist nichts mehr davon vorhanden. Ich will, dass es wieder so ist und dass ich meiner Arbeit wie früher nachgehen kann.“ Äußerte der Jäger seinen Wunsch. Der Gehörnte sah ihn an. Ein Nicken folgte, dann ein Grinsen auf seinen wulstigen Lippen.
„So soll es sein. Der Wunsch jedoch ist groß und so verlange ich jede Jungfrau, die diesen Wald je betreten wird.“ Sprach der Teufel feierlich. Der Jäger ging auf den Pakt ein und befreite den Teufel aus seiner Situation. Als die Bärenfalle gelöst war, löste auch der Teufel sich in einer gelblichen Wolke voller Schwefelgestank auf und ließ seinen Retter zurück, der den Weg in seine Hütte antrat. Schon auf diesem kurzen Marsch sah er, dass der Teufel Wort hielt, denn ein Hirsch sprang durch das Unterholz, stolz und mächtig. Eine reiche Beute würde er ergeben, dachte der Jäger bei sich und ging frohen Mutes voran.
Nur einen Tag dauerte es, eh der Jäger wieder Beute machte und den prachtvollsten Hirsch schoss, den er je gesehen hatte. Das Fleisch war köstlich und das Leder von einer Qualität, die eines Königs, nein sogar eines Kaisers würdig war. Der Teufel hatte seinen Teil der Abmachung eingehalten und so geschah es, dass der Jäger zu seinem alten Ruhm und Reichtum zurück gelangte. Als dieser sich immer mehr mehrte, beschloss er die Jägerhütte hinter sich zu lassen und ließ in seinem Auftrag ein großes Jagdhaus inmitten des Waldes erbauen. Die geliebte Frau des Jägers jedoch kehrte nicht wieder, so sehr er sich auch bemühte.
Alsbald war das Jagdhaus fertig und der Jäger suchte sich Jünglinge, die den Beruf des Jägers erlernen wollten. Unter ihnen befand sich ein unscheinbarer Jüngling, der aus einfachem Hause kam, dennoch aber seinen eigenen Charme besaß. Wie die anderen Jünglinge so wurde er auch des Jägersmannes Gehilfe, der fortan nur noch als der Meisterjäger im Land bekannt war.
Einige Monde zogen vorüber und zur Überraschung des Meisterjägers wollte der König ihm einen Besuch im Jagdhaus abstatten, welches er als Stolz des gesamten Forstes, sogar des gesamten Landes benannte. Die Bitte des Jägers die Königstochter im Schloss zu lassen schmetterte der König ab und dem Meisterjäger wurde bang, wusste er doch das jede Jungfrau, die den Wald betreten würde, Beute des Teufels war. Voller Sorge und Gram ließ er von seinen Gesellen das Jagdhaus gestalten, die besten Speisen für den König auftischen und sein eigenes Zimmer innerhalb des Jagdhauses für den hohen Besuch herrichten.
Gerade als die Vorbereitungen abgeschlossen waren, traf der König mitsamt Tochter und Frau in dem Jagdhaus ein. Dem Meisterjäger fiel ein Stein vom Herzen, als er die Königstochter gesund und munter erblickte. Der Pakt, so dachte er bei sich, war wohl gebrochen oder nie vollzogen wurden. Bis tief in die Nacht hinein tafelte der König mitsamt dem Gefolge und den Jägern. Sie aßen und tranken dabei. Der Jägergeselle erweckte das Interesse der Prinzessin, doch schmetterte er sie ab mit der Begründung, dass sein Herz schon einem anderem Mädchen gehörte. Die Königstochter, beleidigt von dieser Ablehnung, trat zu ihrem Vater hin und bat ihn, den Gesellen bloßzustellen. Dieser lehnte den Wunsch seiner Tochter ab, erdachte aber eine List, um ihm doch noch nachzukommen.
Am nächsten Morgen beliebte es dem König, dem Meisterjäger bei der Jagd zuzusehen und auch seinen besten Gesellen sollte er mit sich bringen. Ein Wettschießen sollte es geben. Wer als erstes einen Hirsch erlegte, der sollte die Hand seiner Tochter gewinnen.
Die Fährte eines Tieres nahmen sie schnell auf und im gespannten Gefolge des Königs spürten sie das junge Reh auf. Der Meisterjäger ließ seinem Gesellen den Vortritt, denn er gönnte ihm die Prinzessin, für die er sich selbst als zu alt befand. Zudem hoffte sein Herz noch immer auf die Rückkehr der verschollenen Frau.
Der Geselle, voller Missmut ob des versprochenen eigentlichen Lohnes, pirsche sich an das Tier heran, in einigen Fuß Abstand verfolgt vom König und dem Meisterjäger selbst. Doch als der Geselle das Reh genauer sah, welches sie da auf einer kleinen Lichtung aufgespürt hatten, wurde ihm bang ums Herz. Auf das Drängen seines Meisters hin legte der Geselle die Büchse an, doch zu schießen vermochte er nicht. Etwas an diesem Reh kam ihm so bekannt vor und er erschrak, als er bemerkte, was es war: Die Augen des Tieres. Sie glichen denen seiner Geliebten und so legte er die Büchse zur Seite, um unter den verwunderten Blicken seiner Begleiter näher an das Reh heran zu treten. Die Warnung, dass er das Tier so verscheuchen würde, ignorierte er, denn das Reh bewegte sich nicht von der Stelle, auch nicht als der Geselle ihm über den Kopf strich. Liebevoll flüsterte er den Namen seiner Geliebten. So geschah es, dass das Reh sich zu verwandeln begann und seine Hand auf dem Schopfe der Geliebten lag, die er sogleich in die Arme schloss. Mit Erstaunen erkannte der Meisterjäger in dem Mädchen, welches noch eben ein Reh gewesen war, seine eigene Tochter wieder.
Einen Wimpernschlag darauf vernahm man Geruch von Schwefel. Der Leibhaftige, aus dem Boden empor gekrochen, schritt auf den alten Jäger und seinen Begleiter zu. Der König erstarrte, fiel auf die Knie und kauerte sich voller Demut zusammen. Wimmernd bettelte er darum, dass man ihm nichts tun möge. Der Teufel hingegen hatte keinerlei Interesse an ihm. Er baute sich vor dem Meisterjäger auf. „Du hast deinen Pakt gebrochen. Jede Jungfrau, die diesen Wald betreten hat, hast du mir versprochen, wenn ich dir nur Wild beschaffe und das habe ich. Jede Jungfrau verwandelte ich in ein prächtiges Tier und du, du hast sie gejagt, ihr Fleisch gegessen ihre Haut verkauft und ihre Seelen mir überlassen, um dich selbst daran zu bereichern, dich allein und um deine Ziele zu erreichen. Und mich, mich nennst du einen Teufel.“ So sprach der Teufel voller Hohn und Abscheu. Die Schultern des alten Mannes packte er und grinste ihn mit verzerrter Fratze an. „Nun allerdings endet dies Spiel und mit ihm dein Leben.“ Ein Lachen vernahm man noch auf die Worte hin, dann ward der Teufel mitsamt seiner Beute verschwunden.
Der König erhob sich wieder, als der Teufel verschwunden war und blickte zu dem jungen Liebespaar hin, welches eng umschlungen dort stand und auch er begriff, dass seine Tochter diese Liebe nur zerstören würde. Gemeinsam gingen sie zum Jagdhaus zurück und bald schon wurde in diesem Hochzeit gefeiert, zwischen dem neuen Meisterjäger und seiner Frau. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.